Kreis Stallupönen
von Christine Reich
Der Kreis Stallupönen, der 1938 in Ebenrode umbenannt wurde, lag im Osten der ehemaligen Provinz Ostpreußen. Der Kreis grenzte im Norden an den Kreis Pillkallen, im Westen an den Kreis Gumbinnen, im Süden an den Kreis Goldap und im Osten an Litauen. Heute gehört das Gebiet zum russischem Oblast Kaliningrad. Das nördliche Drittel des Kreises ist nahezu eben und fällt leicht von Südwest nach Nordost ab. Die höchste Erhebung ist mit 104 m über NN der Kattenauer Berg. Im südlich anschließenden Teil des Kreises ist die Geländeform etwas bewegter. Hier gibt es mehrere Einzelerhebungen. Der höchste Berg steht mit 213 m in der Rominter Heide, die bis in den südlichen Teil des Kreises Stallupönen hineinreicht und auch einige kleinere Seen umschließt. Das Kreisgebiet ist von vielen kleinen Flüsschen durchzogen, die zum einen in die Memel und zum anderen in den Pregel entwässern.
Für den Kreis Stallupönen gibt es Unterlagen zu 56 Fundorten in 58 Aktenbänden. Insgesamt wurden 318 Blatt aus 40 Aktenbänden zu 38 Fundorten transkribiert, redaktionell bearbeitet und verschlagwortet. Ein Fundort wurde bislang aufgrund seines Umfangs noch nicht abschließend bearbeitet. Von der Transkription ausgenommen wurden 18 Fundorte bzw. Aktenbände, die insgesamt nur 33 Blätter enthalten. Es handelt sich dabei fast durchgängig um maschinengeschriebene Dokumente.
Am umfangreichsten sind die Akten zu den beiden Fundorten Altkattenau mit insgesamt 52 Blatt und Jentkutkampen mit 40 Blatt in jeweils zwei Bänden. In der Akte Altkattenau finden sich neben Fundmeldungen zu Steinbeilen vor allem Korrespondenz, Grabungsberichte, Presseartikel und Fotos zu einer Siedlung aus der jüngeren Römischen Kaiserzeit. Nach einer Meldung vom Lehrer und Kreispfleger Werner Sterkau, wurde von Fritz Jaensch im Oktober 1936 eine erste Rettungsgrabung durchgeführt. Publiziert dazu ist lediglich ein kurzer Vermerk von Dietrich Bohnsack (Neue Bodenfunde. In: Alt-Preußen 3, 1938, S. 29), in dem es heißt: „die eine Siedlung des 3.-4. Jh. n. Zrw. mit Pfosten und Herdgrube, sowie Mahlstein und Siedlungsgefäßresten ergab. Diese Siedlung ist die erste ihrer Art im ganzen Kreise.“ 1939 wurde eine erneute Grabung notwendig, die ebenfalls von Jaensch vorgenommen wurde und bei der er unter anderem Reste von Schwellbauten feststellen konnte. Daneben gab es Hinweise auf eine zweite spätheidnische Siedlungsschicht und ein benachbartes Gräberfeld. Die Aktenbände zu Jentkutkampen enthalten unter anderem Unterlagen zur Lokalisierung eines Burgwalls, Meldungen zu Scherbenfunden und Steinsetzungen, die auf verschiedene Siedlungsstellen und Gräberfelder hinweisen.
Grundsätzlich fällt auf, dass im erhaltenen Aktenmaterial kaum Unterlagen zu längeren bzw. geplanten Grabungen zu finden sind. Vielmehr sind es vor allem individuelle Begehungen und einzelne Nachforschungen der Kreispfleger, dem Lehrer Werner Sterkau, dem Rektor Otto Hitzigrath und dem Gendarmerie Hauptwachtmeister Karl Pliczuweit, die zur Entdeckung von Fundstellen führten. So weisen Scherben aus Stehlischken auf eine jungsteinzeitliche Siedlung der Haffküstenkultur und Funde aus Großschwentischken auf mittelalterliche oder neuzeitliche Siedlungsreste hin. Bei Bestattungen sind es häufig einzelne Skelette oder Steinsetzungen, die geborgen wurden, so zum Beispiel aus Schilleningken oder Ackmonien sowie Berninglauken und Matzkutschen. Mangels Beifunden sind sie in der Regel nicht zeitlich einzuordnen oder wurden in die Neuzeit gesetzt. Auf größere Gräberfelder deuten kaiserzeitliche Funde aus Wittkampen und Tutschen hin. In Tutschen wurden auch Grabungen von Wilhelm Gaerte vorgenommen, die ein Echo in der Presse fanden, zu denen sich jedoch keinerlei Berichte in der zugehörigen Ortsakte erhalten haben.
Vor diesem Hintergrund ist nicht verwunderlich, dass Meldungen zu Einzelfunden wie Beilen und Äxten aus Stein aus dem Kreisgebiet besonders zahlreich sind. Sie liegen aus 36 Fundorten vor. Dem steht lediglich ein Bronzebeil aus Grünhof gegenüber, das von Wolfgang La Baume publiziert wurde (Alt-Preußen 5, 1940, S. 57). Deutlich älter sind eine Knochenlanzenspitze aus Drusken und ein Knochendolch von Plicken. Beide wurden von Hugo Groß vorgelegt und in die ausgehende Altsteinzeit bzw. in die mittlere Steinzeit datiert (Hugo Groß, Die Renntierjäger-Lanzenspitze von Drusken. In: Prussia 35, 1943, S. 5-12; Drei bemerkenswerte steinzeitliche Moorfunde aus dem Kreise Ebernrode Ostpr. In: Alt-Preußen 5, 1940, S. 35-36).
Zu Burgwällen, zum Beispiel in Gallkehmen, Kattenau, Pillupönen und Gudellen, finden sich vor allem Korrespondenzen zur Lokalisierung sowie Skizzen und Fotos in überschaubaren Umfang.